Schluss mit der Zoom-Angst – 4 unkonventionelle Techniken, die wirklich helfen

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Ich war ein Pionier der Videotelefonie – ja, wirklich. Schon 2006, im Studium, lange bevor es im Business-Alltag ankam, habe ich auf meinem ersten, schneeweißen Mac stundenlang mit meinem besten Freund zwischen Hamburg und Wien geskypt. Es war persönlich, es war verbindend, es war großartig. Wir haben die Verbindung oft einfach im Hintergrund laufen lassen, als wären wir im selben Raum.

Und dennoch sage ich heute aus tiefster Überzeugung: Ich hasse Gruppen-Meetings in Zoom, Teams & Co. Ich liebe persönliche Treffen und finde 1-zu1-Meetings okay.

Wenn es dir genauso geht, bist du nicht allein. Dieses Gefühl, auf einen Bildschirm mit unzähligen kleinen Kacheln zu starren, ist eine der unnatürlichsten Situationen, die unser Arbeitsalltag zu bieten hat. Es ist eine kollektive Qual, über die selten ehrlich gesprochen wird. Viele von uns, gerade die stillen Experten, die ihre Energie aus der Tiefe und nicht aus der permanenten Selbstdarstellung ziehen, fühlen sich nach einem Tag voller Video-Calls ausgelaugt, unproduktiv und unzufrieden. Da kann uns selbst die schier allwissende KI noch nicht helfen – es sei denn, du musst Protokoll führen, dann kann ChatGPT dir mit den Meetingnotizen helfen.

In diesem Artikel gehen wir dem Problem auf den Grund. Wir ignorieren die oberflächlichen „Hacks“ – lächeln! – gut vorbereiten! und setzen uns ausführlich in die Psychologie der Zoom-Angst auseinander. Ich zeige dir meine praxiserprobten, unkonventionellen Techniken, mit denen du nicht nur die Angst verlierst, sondern diese Meetings sogar souverän für dich und deine Ziele nutzen kannst.

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Der Schmerzpunkt: Warum wir Video-Calls wirklich hassen

Vergiss für einen Moment die üblichen Argumente wie schlechte Verbindungen oder unorganisierte Agenden. Das wahre Problem liegt tiefer. Es ist der psychologische Kipppunkt, der eine potenziell angenehme 1-zu-1-Unterhaltung in eine zutiefst unangenehme Gruppen-Performance verwandelt. Dieser Kipppunkt besteht aus drei Kernkomponenten, die zusammen eine toxische Mischung für unser Gehirn ergeben.

1. Die unnatürliche Bewertungssituation

In einem Gruppen-Call fühlen wir uns permanent beobachtet und bewertet. Jedes Zögern, jedes Verhaspeln, jeder unsichere Blick wird von mehreren Personen gleichzeitig registriert – oder zumindest fühlt es sich so an. Unser Gehirn ist darauf programmiert, soziale Hierarchien und die Reaktionen unseres Gegenübers zu deuten. In der Kachel-Galerie von Zoom wird diese Fähigkeit überlastet.

Wir versuchen, Dutzende von Mikroexpressionen gleichzeitig zu lesen, was unmöglich ist. Das Ergebnis ist eine ständige, unterschwellige Anspannung. Die Angst, vor der versammelten Abteilung „Müll zu erzählen“ oder von einer unerwarteten Frage kalt erwischt zu werden, ist real und lähmend. Man hat Angst, dass die Kollegen auf dem Büroflur später tuscheln: „Hast du gehört, was der schon wieder für einen Stuss erzählt hat?“

2. Der Kontrollverlust

Während du in einem Vier-Augen-Gespräch die Richtung mitbestimmen kannst und Fahrer oder Beifahrer bist, bist du in einem großen Call oft nur Mitfahrer in einem Bus, der von anderen gelenkt wird. Du verlierst die Kontrolle über die Dynamik, kannst das Gespräch nicht in eine für dich sinnvolle Richtung lenken und wirst zum passiven Zuschauer deiner eigenen Zeit. Diese erlernte Hilflosigkeit ist für ambitionierte Experten, die es gewohnt sind, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen, besonders frustrierend.

3. Die künstliche Umgebung und das fehlende „Gefühl von Fleisch und Blut“

Wir Menschen sind für die Begegnung in der echten Welt gemacht. Unsere Kommunikation besteht nur zu einem Bruchteil aus Worten. Mimik, Gestik, Körpersprache, die subtile Energie im Raum – all das fehlt in der zweidimensionalen Welt der Kacheln. Ein Video-Call ist ein schlechter Ersatz – und unser Instinkt spürt das. Die Folge ist eine kollektive Abneigung; ein unausgesprochenes Gefühl im Raum, dass eigentlich niemand Lust auf dieses Meeting hat und alle nur darauf warten, dass es endlich vorbei ist.

Ein unangenehmer Moment, den viele kennen: Die Runde ist langweilig, die Gedanken schweifen ab – und plötzlich wirst du mit einer spezifischen Frage direkt angesprochen. Dein Herz setzt aus. Der Adrenalinspiegel schießt in die Höhe. Der verzweifelte Gedanke, „Oh, meine Verbindung ist gerade schlecht“, ist eine Notlüge, die aus purer Überforderung und dem Wunsch geboren wird, dieser unnatürlichen Prüfungssituation zu entkommen.

Auf dem Bild sieht man einen Meetingraum. An einem Tisch sitzen Leute vor ihren Computern und auf einem großen Fernseher sind andere Leute in kleinen Kacheln aufgezeigt. Es findet also eine große Videokonferenz statt mit vielen Teilnehmern. 
Schmerz lasst nach! Kaum jemand ist ein ernsthafter Fan von Videotelefonaten – insbesondere in Gruppen.
Schmerz lasst nach! Kaum jemand ist ein ernsthafter Fan von Videotelefonaten – insbesondere in Gruppen.

Warum „Lächle mehr“ nicht die Lösung ist

Wenn du nach Tipps für den Umgang mit Nervosität vor der Kamera googelst, findest du schnell Ratschläge wie „Lächle mehr“, „Sei gut vorbereitet“ oder „Sorge für gutes Licht“. Diese Tipps sind nicht falsch, aber sie sind fatal oberflächlich. Sie sind wie das Polieren einer schmutzigen Oberfläche – sie lösen nicht das Grundproblem. Sie adressieren die Symptome, nicht die Ursache.

Sie helfen dir, die künstliche Situation zu überspielen, aber sie ändern nichts an deiner tiefen, inneren Abneigung und dem Gefühl des Unwohlseins. Um die Zoom-Angst wirklich zu überwinden, müssen wir tiefer ansetzen. Wir müssen das Betriebssystem ändern, nicht nur die Benutzeroberfläche.

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4 unkonventionelle Techniken, die wirklich funktionieren

Vergiss die Standard-Tipps für einen Moment. Die wahre Veränderung kommt von innen und durch smarte, physische Hilfsmittel, die dir die Kontrolle zurückgeben. Hier sind meine vier wichtigsten Techniken, die ich über Jahre entwickelt und verfeinert habe.

Technik 1: Die innere Haltung ändern (Akzeptanz & Umdeutung)

Das ist der wichtigste Schritt und ein Tipp, den du nirgendwo sonst liest. Bevor du das Meeting als Chance sehen kannst, musst du die Angst anerkennen und ihr die Macht nehmen. Dieser Prozess hat zwei Stufen:

Stufe 1: Fühl dich in die Angst hinein (Radikale Akzeptanz)

Das ist deine erste Aufgabe. Setz dich 5 Minuten vor dem Call hin, schließe vielleicht sogar die Augen und führe einen ehrlichen, inneren Monolog. Frage dich: Wovor genau habe ich Angst? Ist es die Angst zu versagen? Mich vor der Gruppe zu blamieren? Fühle ich mich den anderen fachlich unterlegen? Stört mich ein Pickel im Gesicht oder die Augenringe von letzter Nacht? Gehe diesen Fragen nach, bis du den wahren Auslöser spürst.

Indem du die Angst konkret benennst, verliert sie ihre diffuse, überwältigende Macht. Sage dir dann bewusst: „Okay, ich habe jetzt keine Lust und fühle mich unsicher, weil ich Angst habe, kritisiert zu werden. Ich akzeptiere das.“ Allein diese Akzeptanz reduziert den inneren Widerstand enorm. Du kämpfst nicht mehr gegen das Gefühl, sondern nimmst es als Teil der Situation an.

Stufe 2: Deute das Meeting aktiv um (Reframing)

Kein Meeting findet ohne Grund statt, und meistens gibt es einen Grund, warum du dabei bist. Deine Aufgabe ist es nun, diesen Grund für dich zu finden und zu nutzen. Formuliere den negativen Gedanken („Oh nein, eine Stunde verschwendete Zeit“) aktiv in einen positiven, nützlichen Gedanken um. Zum Beispiel: „Ich nehme an diesem Meeting teil, um das Produktbriefing zu verstehen, damit ich hinterher einen Vorteil habe und meine Arbeit besser machen kann.“

Oder: „Das ist meine Chance, meine Position zu einem wichtigen Thema klar zu vertreten und Einfluss zu nehmen.“ Das Meeting wird von einer lästigen Pflicht zu einem notwendigen, strategischen Schritt für deinen eigenen Erfolg.

Technik 2: Die Rückkehr zum Analogen (Dein physischer Anker)

Wir leben im papierlosen Büro, aber im digitalen Raum eines Video-Calls ist ein physischer Notizzettel dein bester Freund. Die handschriftliche Notiz schafft eine andere, tiefere Verbindung im Gehirn als das flüchtige Tippen in eine App. Es ist ein physischer Akt der Verkörperung deiner Gedanken.

Mein einfaches Notiz-System ist jetzt dein Notiz-System: Nimm dir einen Zettel und einen Stift, den du gerne benutzt. Schreibe dir in großen, auf einen Blick lesbaren Stichworten die 2-3 wichtigsten Punkte auf, die du ansprechen willst, oder die Kernbotschaft deiner Frage. Das sind keine Romane, nur Ankerpunkte. Dieser Zettel liegt neben deiner Tastatur. Wenn du den Faden verlierst oder nervös wirst, genügt ein kurzer Blick nach unten, um sofort wieder im Thema zu sein und die Kontrolle zurückzugewinnen. Es ist dein persönlicher Rettungsanker in der digitalen Flut. Der physische Akt des Schreibens hilft dir außerdem, deine Gedanken vorab zu strukturieren und zu klären.

Technik 3: Die Macht der Pause (Souveränität durch Langsamkeit)

Die größte Falle in Video-Calls ist die Tendenz, aus Nervosität ohne Punkt und Komma zu reden. Man will die peinliche Stille füllen und wirkt dadurch nur noch gehetzter und unsicherer. Mach genau das Gegenteil.

  • Denken. Sprechen. Pause: Wenn du an der Reihe bist oder eine Frage gestellt bekommst, widerstehe dem Impuls, sofort zu antworten. Gewöhne dir stattdessen einen Dreischritt an:
  • Atmen: Nimm einen ruhigen Atemzug. Das signalisiert deinem Nervensystem, dass keine Gefahr droht.
  • Denken: Formuliere den ersten Satz deines Gedankens im Kopf. Nur den ersten Satz.
  • Sprechen: Sprich diesen Satz – bewusst etwas langsamer und klarer als sonst. Bringe den Gedanken präzise zu Ende. Und dann mach eine bewusste Pause.

Diese Ruhe überträgt sich nicht nur auf dich, sondern auch auf die anderen Teilnehmer. Du signalisierst Kontrolle, Selbstsicherheit und Respekt vor deinen eigenen Worten. Du wirkst sofort souveräner und kompetenter, weil du dir den Raum nimmst, den du brauchst.

Technik 4: Der unfaire Vorteil (Dein tägliches Training)

Das ist der absolute Geheimtipp, den ich für dich habe, und die nachhaltigste Lösung von allen: Die Qualität deines Sprechens im Call ist ein direktes Ergebnis deines Trainings außerhalb des Calls. Wenn du regelmäßig übst, klar und ausdrucksstark zu sprechen, musst du im entscheidenden Moment nicht mehr darüber nachdenken. Deine Fähigkeiten werden zum Automatismus.

Die 5-Minuten-Methode

Nutze meine Methode, die ich selbst entwickelt habe, um meine Sprechblockaden zu lösen. Lies jeden Tag fünf Minuten laut aus einem Buch, einem Artikel oder einem Bericht vor. Du baust damit die neuronale Autobahn zwischen Kopf und Stimme aus. Die Worte kommen leichter, die Sätze fließen besser und dein Selbstvertrauen wächst mit jeder einzelnen Session. Je besser du generell sprichst, desto weniger Angst hast du vor jeder Sprech-Situation – auch und gerade vor Zoom. Dieses tägliche Training ist die Versicherung für deine Souveränität.

Eine Frau sitzt vor einem Laptop und hat einen einzigen Gegenüber auf dem Computer in einem Videoanruf.
Videocalls von Angesicht zu Angesicht, also mit einem Gegenüber, werden als wesentlich angenehmer wahrgenommen, denn solche in größeren Gruppen. Je größer die Gruppe, desto unangenehmer die Videokonferenz.
Videocalls von Angesicht zu Angesicht, also mit einem Gegenüber, werden als wesentlich angenehmer wahrgenommen, denn solche in größeren Gruppen. Je größer die Gruppe, desto unangenehmer die Videokonferenz.

Die Transformation: Vom Gehassten zum Machbaren

Durch die konsequente Anwendung dieser Techniken hat sich mein Erleben von Grund auf verändert. Die panische Abneigung ist einer professionellen Gelassenheit gewichen. Ich bin heute entspannter, weil ich weiß, dass ich das Lampenfieber kontrollieren kann, indem ich es bewusst wahrnehme und akzeptiere. Ich habe durch mein tägliches Sprech-Training das Vertrauen, dass ich die richtigen Worte finden werde, wenn es darauf ankommt.

Es ist eine Aufwärtsspirale: Mehr Übung führt zu mehr Selbstbewusstsein, und mehr Selbstbewusstsein führt zu besseren Auftritten. Das Meeting an sich macht mir immer noch keinen Spaß – seien wir ehrlich. Aber es ist kein Problem mehr. Es ist ein Werkzeug, das ich beherrsche und für meine Ziele einsetze, anstatt mich von ihm beherrschen zu lassen.

Wenn du diesen Weg auch gehen willst, fang heute an. Es ist einfacher, als du denkst.

Dein nächster Schritt

Du hast jetzt die unkonventionellen Strategien, um deine Zoom-Angst an der Wurzel zu packen. Der Schlüssel zur nachhaltigen Souveränität liegt in der täglichen Übung.

Für den sofortigen Start: Lade dir meinen kostenlosen Mini-Guide „Klar sprechen in 5 Minuten am Tag“ herunter. Er gibt dir die Technik an die Hand, um das Fundament zu legen.

Sascha Tobias Tegtmeyer

Sascha Tobias Tegtmeyer

Digital-Journalist | Content- & Social-Media-Experte | Strategieberater

Ich bin Digital-Journalist, Online-Marketing-Experte und Strategieberater – und vor allem ein Fan von klarer Sprache. Ich unterstütze Selbstständige, Unternehmer und KMUs dabei, aus Expertise eine stringente Strategie und Content mit Wirkung zu machen. Kein Lärm, kein Hype, sondern Systeme, die tragen.

In meinem Shop findest du praxiserprobte Ratgeber und kompakte Kurse für den nächsten professionellen Schritt in deinem Online-Business. Wenn du Lust auf kurze, nützliche Denkanstöße hast: Ich poste täglich Impulse auf Threads. Mein wichtigstes Werk bisher ist das Buch „Die Journalisten Methode„, die ich selbst täglich in meinem Arbeitsalltag einsetze, um in Zeiten von generischem KI-Content relevant zu bleiben. 

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